Die Notaufnahmen in den Kliniken in Wiesbaden sind überfüllt. Das bekommen vor allem die Menschen zu spüren, die dorthin kommen. Ein Stimmungsbild.
Ob Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken (HSK), St. Josefs-Hospital (JoHo) oder Asklepios Paulinen Klinik – im Notfall sind das die wichtigsten Krankenhäuser in Wiesbaden. Wenn ein medizinisches Problem auftritt, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Bei Symptomen, die nicht lebensbedrohlich sind, können Betroffene einen Termin beim Haus- oder Facharzt vereinbaren.
Außerhalb der Öffnungszeiten gibt es den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dieser ist in Wiesbaden in der Asklepios Paulinen Klinik untergebracht. Dort können sich Patientinnen und Patienten zu Fuß, mit dem Bus oder dem Auto vorstellen. Wer eine Ersteinschätzung wünscht, kann dies auch über die Website der 116117 tun. Auch telefonisch erhält man dort Unterstützung.
In lebensbedrohlichen Situationen ist die 112 und die Notaufnahme zuständig. Im Schnitt gehen täglich etwa 400 Notrufe bei der Leitstelle Wiesbaden ein. Rund die Hälfte davon (also ca. 200 Anrufe pro Tag) entpuppen sich als Fehlalarme, oft aufgrund ungewollter „Hosentaschenanrufe“ oder Fehlbedienung, beispielsweise durch Smartphones .
Pro Jahr ergibt das ca. 300.000 Anrufe, davon Rund 10.000 Mal rückt die Feuerwehr tatsächlich aus. Etwa 65.000 Mal wird ein Rettungswagen geschickt. Nur etwas mehr als die Hälfte dieser Einsätze sind echte Notfälle (z. B. Herzinfarkte, Schlaganfälle, schwere Unfälle).
Damit sind ca. 45–50 % echte Notfälle, während etwa 50–55 % der Einsätze auf Bagatellen wie Kopfschmerzen oder grippale Infekte zurückgehen. So zeigen es die Zahlen aus dem Jahr 2024.
Auch die Notaufnahmen werden immer wieder von Patientinnen und Patienten aufgesucht, obwohl dabei vielfach kein lebensbedrohliches körperliches Problem besteht. Das berichtet uns auch ein ehemaliger Mitarbeiter einer Wiesbadener Notaufnahme, der anonym bleiben möchte:
„Es kommt vor, dass jemand wegen Nackenschmerzen kommt. Oder Patienten, die immer wieder mit den gleichen Symptomen erscheinen, weil sie keinen Facharzttermin finden. Der Stress und der Druck sind sehr hoch. Manche Leute schreien einen an oder beleidigen sogar, obwohl man nur helfen möchte.“
Doch was steckt hinter all dem? Wir haben einen Blick ins System geworfen.
Der Behandlungsweg in einer Notaufnahme
Der Ablauf ist in der Regel ähnlich:
Der Patient kommt an und wird zuerst eingestuft. Patienten, die nicht besonders stark verletzt oder erkrankt sind, werden als „Blau“ (nicht dringend) kategorisiert .Patienten mit leichten bis mittelschweren Symptomen werden als „Normal“ eingestuft. Patienten mit Schmerzen oder schwerwiegenderen Erkrankungen gelten als „Gelb“ (dringend).Patienten mit stärksten Schmerzen und/oder schweren Erkrankungen werden als „Sehr dringend“ eingestuft .Patienten, die lebensbedrohlich verletzt oder krank sind, werden sofort behandelt.
Für viele Menschen ist das nicht klar. Sie glauben, es laufe wie beim Hausarzt: Wer zuerst kommt, wird zuerst behandelt. Das kann in der Notaufnahme jedoch nicht funktionieren. Das erklärte auch der Leiter der Notaufnahme des JoHo in einem Artikel des Wiesbadener Kuriers.
Kritik und Lob aus der Bevölkerung
Im Internet äußern sich verschiedene Menschen zu den Zuständen. Einige berichten etwa, dass die Tiefgaragen oft überfüllt seien, Parkmöglichkeiten unzureichend, dazu hohe Parkgebühren bei längeren oder häufigeren Besuchen. Auch geplante Herz-OPs würden mehrfach verschoben – wegen Notfällen oder fehlender Kapazität.
Das JoHo-Feedback-Team teilte dazu mit, dass Probleme angesprochen und geklärt werden müssten.
Andere wiederum loben bei Google:
„Großartiger Einsatz der Station 3, ruhige und einfühlsame Art des Stationsarztes.“
Auch die HSK Wiesbaden bekommt viel Kritik. Ein Nutzer schreibt in sozialen Medien:
„Nach einem Unfall war ich am 1. Juli 2025 in Ihrer Klinik und wurde untersucht. Leider habe ich die Ergebnisse bis heute nicht erhalten. Weder mein Hausarzt noch mein Chirurg wissen, was los ist! Wenn es möglich wäre, würde ich keinen Stern vergeben.“
Andere berichten von noch schlimmeren Erlebnissen:
Zwei Verwandte mussten in die Klinik. Einer davon wurde „ruhig gestellt“, weil er sich über starke Schmerzen beklagte. Dass er beinahe an einer Notsituation gestorben wäre, habe niemand bemerkt. „Er wurde 15 Tage lang nicht gewaschen! Auch auf Toilette hat ihm niemand geholfen. Er lag stundenlang im eigenen Urin und Stuhl! Einfach nur menschenunwürdig, was dort vor sich geht! Ich verstehe den Pflegenotstand, aber das alles darf nicht sein!“
Andere Stimmen schreiben:
„Kein Wunder, wenn man fast zwei Jahre auf einen Facharzttermin wartet, dass man dann in die Notaufnahme geht.“
Auch eine anonyme Person aus Wiesbaden äußert sich. Sie ist psychisch krank und muss häufiger in Notaufnahmen, weil abgeklärt werden muss, ob die Ursache körperlich oder psychisch ist:
„Ich warte seit zwei Jahren auf einen Therapieplatz und es passiert nichts. Immer wieder werde ich von A nach B geschoben. Einfach schlimm.“
Wieder andere sagen:
„Ich wäre niemals mit so Kleinigkeiten in die Notaufnahme gegangen.“
Das gesamte System braucht Veränderung – das steht fest. Doch was genau und wie, das wird sich in den nächsten Jahren zeigen müssen. Auch in Wiesbaden muss die Notfallversorgung gesichert sein.