Seit etwa zwei Monaten beschäftigt die Afrikanische Schweinepest (ASP) den Kreis Groß-Gerau. In diesem Zeitraum wurden rund 100 von dem Virus befallene tote Wildschweine im Kreisgebiet gefunden. Zudem mussten die Hausschweinbestände von acht Höfen geschlachtet werden, da auch dort die Tiere infiziert und krank waren.
Der Kampf gegen die Ausbreitung der Seuche läuft seit zwei Monaten auf Hochtouren. Der wirtschaftliche Schaden ist bereits erheblich, und die persönliche Betroffenheit der Menschen, deren Existenz und Lebenswerk bedroht ist, ist nicht zu unterschätzen. Der Kreis Groß-Gerau und das Land Hessen arbeiten intensiv zusammen, um das Seuchengeschehen einzudämmen. „Die Eindämmung der Krankheit hat oberste Priorität. Unkontrollierte Verbreitung des Virus könnte zu enormen finanziellen Schäden führen, die letztlich auch die Bürgerinnen und Bürger belasten würden, wenn Entschädigungszahlungen exorbitant steigen“, erklärt Erster Kreisbeigeordneter Adil Oyan.
Viele Menschen erkennen jedoch nicht die Dringlichkeit der Situation, da das Virus weder Menschen noch andere Tiere gesundheitlich schädigt. „Es ist wichtig, dass alle verstehen, wie ernst die Lage ist und wie jeder Einzelne zur Eindämmung der Schweinepest beitragen kann“, so der Erste Kreisbeigeordnete. Daher ist es entscheidend, dass möglichst viele Menschen über die Krankheit informiert sind und ihr Verhalten entsprechend anpassen.
Das Virus ist äußerst widerstandsfähig: Es überlebt bis zu 11 Tage im Kot, bis zu 15 Wochen in gekühltem Fleisch, bis zu 6 Monate in konserviertem Schinken (z.B. getrocknet oder gesalzen; in Parma-Schinken sogar über ein Jahr), bis zu 18 Monate in gekühltem Blut, bis zu 70 Tage in Blut bei Raumtemperatur und viele Jahre in tiefgefrorenen Schlachtkörpern. Zudem übersteht das ASP-Virus den Verwesungsprozess, was erklärt, warum Maßnahmen erst gelockert werden können, wenn im Kreisgebiet über mehrere Monate keine befallenen Tiere mehr entdeckt wurden.
Die ergriffenen Maßnahmen in den Allgemeinverfügungen des Kreises zielen darauf ab, die Ausbreitung der ASP zu verhindern. Wildschweine sollen nicht aus ihren angestammten Gebieten verscheucht werden, um zu verhindern, dass infizierte Tiere das Virus weitertragen. Daher gelten Anleinpflichten für Hunde (Leine maximal 5 Meter lang) und das Wegegebot für alle Freizeitaktivitäten außerhalb der Ortslage, sei es Angeln, Pilze sammeln, Radfahren oder Reiten. Auch soll das Virus nicht unbewusst über Schuhsohlen, Pfoten oder Gegenstände weitergetragen werden.
Veranstaltungen im Außenbereich müssen beim Veterinäramt angemeldet werden. Müll und Essensreste sollten nicht in die Landschaft geworfen werden. Bei Verstößen gegen die Leinenpflicht und das Wegegebot drohen Bußgelder von 100 Euro, bei Verstößen gegen Veranstaltungsverbote Bußgelder ab 1000 Euro.
„Wir möchten keine unnötigen Verbote aussprechen. Das Veterinäramt prüft Anträge und Veranstaltungskonzepte sorgfältig und erteilt Genehmigungen unter Auflagen, wenn möglich“, betont Adil Oyan. Um die Situation für Hundehalter zu verbessern, wurde ein Konzeptpapier zur Einrichtung temporärer Hundewiesen an die Kommunen übermittelt. Beispielsweise hat Rüsselsheim bereits eine solche Fläche geschaffen, und Ginsheim-Gustavsburg sowie Kelsterbach planen ähnliche Maßnahmen.
Die Notwendigkeit der Maßnahmen mag manchen unverständlich erscheinen, vor allem, wenn der Virus anscheinend nicht zurückgedrängt wird. Doch die Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, zu verhindern, dass die Epidemie zu einer Endemie wird, die niemals überwunden werden kann. Auch wenn die Sperrzonen durch neue Fälle stetig wachsen, bleibt das Ziel der Eindämmung und Ausrottung der Krankheit weiterhin erreichbar.
Fachleute versichern, dass selbst niedrige Elektrozäune eine regulierende Wirkung auf Wildschweine haben und sie am Verlassen ihres Reviers hindern. Feste Zäune werden erst errichtet, wenn die Sperrzonen stabil sind und nicht ständig durch neue Kadaverfunde oder den Befall von Hausschweinbeständen verändert werden.
Es wird oft gefragt, warum nicht alle Wildschweine in der betroffenen Kernzone abgeschossen werden, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Eine solche Jagd könnte jedoch kontraproduktiv sein, da Wildschweine in andere, noch nicht betroffene Gebiete ausweichen könnten. Erst wenn das Verbreitungsgebiet genauer bestimmt und die verschiedenen Zonen definiert und eingezäunt sind, soll in der Kernzone gejagt werden. Derzeit herrscht dort Jagdruhe.
Trotz umfassenden Wissens über die ASP gibt es noch viele Fragen, die das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) beschäftigt. Derzeit ist unklar, warum innerhalb weniger Wochen so viele Wildschweine und Hausschweinbestände betroffen waren. FLI und andere Forschungseinrichtungen sind im Kreis aktiv, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, etwa zu möglichen Übertragungswegen durch Stechinsekten, Hochwasser, Brunnenwasser oder Stroh. Das Land und der Kreis Groß-Gerau arbeiten eng mit diesen Einrichtungen zusammen.
Weitere Informationen und die aktuellen Regelungen zur ASP sind auf der Homepage des Kreises zu finden: Sonderseite Schweinepest. Bei Fragen steht das ASP-Infotelefon unter 06152 9898 4000 täglich von 8 bis 18 Uhr zur Verfügung. Auch bei Sichtung eines toten Wildschweins kann dort angerufen werden. Informationen vom Land finden sich auf: Landwirtschaft Hessen.